E-Book Edition Frankenstein 3: Das Biest aus der Vergangenheit
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Der Big Apple schlief bekanntlich nie, und auch in dieser Nacht tobte nicht nur in dem kleinen Appartement das Leben. Obgleich es erst ein Uhr war – vergleichsweise früh für den Moloch, der sich über mehrere Inseln und auch ein kleines Stück Festland – die Bronx – erstreckte. Die Nacht und mit ihr die Party hatte erst begonnen, würde bis in die frühen Morgenstunden dauern. Niemand wusste, was noch kommen würde. Mel war bekannt für ihre Überraschungen und es hätte jeden erstaunt, wenn sie ausgerechnet zu ihrem 21ten Geburtstag keinen Höhepunkt geplant hätte.
Im Moment aber war es Melissa egal, was von ihr erwartet wurde. Sie tanzte vor der Fremden, um deren Aufmerksamkeit zu erwecken. Rechts von ihr befand sich die breite Fensterfront, hinter der es steil nach unten ging. Schön öfters hatte sie auf der Terrasse gestanden und sich vorgestellt, ihr Leben durch einen Sprung in die Tiefe zu beenden. Wie all ihre Freunde auch sehnte sie sich einerseits nach dem Tode, um ihn andererseits aber auch zu fürchten. So entstand eine Verklärung, die andere Menschen kaum begreifen konnten.
Die Blicke der beiden Frauen trafen sich, als Mel ihre Augen vom Fenster abwandte und ihr Gegenüber musterte. Für einen Moment war es, als würde etwas in ihre Gedanken eindringen. Anschließend fühlte sie sich, als würde sie schweben. Jede Bewegung erschien ihr intensiver. Berührten ihre Beine noch immer den Boden? Sie musste den Kopf senken, es überprüfen, denn sicher war sich die Kunststudentin nicht mehr.
Die Fremde lächelte, tanzte näher und wartete auf ein ruhigeres Lied, ehe sie ihre Arme um den Nacken der jungen Frau schlang.
Das war neu. Mel wusste es. Bisher hatte sie nur getanzt, andere in ihren Bann gezogen – aber niemanden so intensiv, so nah berührt.
Mel schloss die Augen, obwohl sie lieber ihren Mund geöffnet hätte. Fragen brannten ihr auf der Zunge, ohne dass sie diese stellen konnte. Sie fühlte die Berührung der Fremden auf ihrer Haut. Warm, viel wärmer als normal. Und das, wo doch die Hände von ihr eher kalt waren. Es waren auch nicht die Finger allein. Es war der Hautkontakt, der die Wärme produzierte. Wie ein schleichendes Gift drang sie in jede Zelle ein, kroch durch die Blutbahnen und umfing Melissa vollständig, noch ehe sie etwas dagegen tun konnte. Andererseits – selbst wenn sie sich hätte wehren können, sie hätte es nicht gewollt. Es gefiel ihr. Sie genoss diese fremde Wärme, die so anders war als die Hitze hier im Raum. Sie gab sich ihr hin.
Noch während das Lied spielte, ging die Fremde dazu über, Mels Nacken zu liebkosen. Gleichzeitig zog sie die junge Frau näher an sich heran, küsste sie auf die weichen, warmen Lippen.
Ein Feuer schien in Melissas Mund zu entflammen. Das X-fache der vorherigen Wärme schoss durch ihren Kopf hindurch, direkt in ihr Gehirn. In dieser Flamme erloschen alle rationalen Überlegungen und Bedenken. Sie verlor jeden Halt, ließ sich regelrecht in die Arme der Fremden fallen und gab sich ihr ganz hin. Eine Aufgabe ihrer Selbstsphäre, wie sie nur in den Armen eines bestimmten Wesens erlebt werden konnte.
In den Armen eines Vampirs. Eines echten Vampirs. Nicht eines Menschen, der sich als Blutsauger sah und ihnen nacheiferte. Kein Mensch verfügte über die Macht und Magie, wie sie ein Blutsauger besaß. Das Vermögen, ein Opfer allein durch eine simple Berührung oder einen innigen Kuss seines Willens zu berauben. Ihm sein Ende so unvergleichlich süß und leidenschaftlich erscheinen zu lassen.
Die Fremde konnte es, denn sie war eine Vampirin. Die einzig echte Blutsaugerin inmitten einer Schar Wannabes, die ihr und ihrer Art nacheiferten, ohne auch nur im entfernten zu begreifen, was das hieß. Die dem Tod huldigten, ihn aber mieden, wenn er ihnen begegnete.
Noch immer war kein Wort gefallen. Die Blutsaugerin hatte auch nicht vor, dies zu ändern. Worte, verbale Kommunikation, war so plump. Sie stand mit ihrem Opfer in Verbindung, konnte mit ihm sprechen und ihre Wünsche übermitteln, ohne dass auch nur ein Wort über ihre Lippen kam.
Ihr Wunsch in diesem Moment war eindeutig. Lass uns in dein Schlafzimmer gehen.
Melissa hörte die Aufforderung. Sie erklang tief in ihrem Kopf. Noch immer hing sie in den Armen der Fremden, unfähig, die Gefahr darin zu erkennen. Sie hörte die Order, die Andere ins Schlafzimmer zu führen – und folgte ihr.
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