E-Book Sherlock Holmes 37: Bei Einladung Mord
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Es war einfach fürchterlich!
Der böige Wind zerrte an meinem Mantel. Die dichten Nebelschwaden waberten an mir vorbei wie Wesen aus einer mystischen Welt. Nur schemenhaft konnte ich die Straßenlaternen erkennen. Wie Irrlichter, die arme Seelen suchten.
Das Datum ist mir noch genau im Gedächtnis.
Der 2. Februar 1887.
Die Beine sah ich erst im letzten Moment. Schwarze Hose, schwarze Schuhe… der Rest hing im Dunst verborgen und schälte sich nur als Schatten aus dem gedämpften Lichtkreis.
Wie angewurzelt blieb ich stehen. Die Beine vor mir taumelten leicht im Wind. Eine Böe trieb den Nebel auseinander und nun erst erkannte ich das verzerrte Gesicht eines Mannes, den man fein säuberlich an der Laterne aufgeknüpft hatte.
Mein Mund wurde trocken. Jedoch fing ich mich rasch wieder und überlegte, ob es hier aus ärztlicher Sicht noch Hilfe geben mochte. Den Gedanken verwarf ich sofort wieder, denn ohne eine Leiter war da nichts zu machen.
Ich riss die Polizeipfeife aus der Tasche. Mein Freund Sherlock Holmes hatte sie mir vor einiger Zeit gegeben.
»Man weiß nicht, für was sie gut sein kann, Watson«, hatte ich seine Stimme noch im Ohr.
Nun war sie gut!
Schrill durchbrach der Pfiff die Nacht. Es währte nur zwei Minuten, bis zwei Bobbys angerannt kamen. Einer kannte mich wohl. »Was ist passiert, Dr. Watson?«
Stumm deutete ich nach oben zur Lampe.
»Heilige Einfalt!«, entfuhr es dem Mann.
Mittels der berühmten Räuberleiter gelang es den beiden Polizisten, den Gehenkten abzuschneiden und auf das schmutzige, feuchte Pflaster der Gasse zu legen.
Ich bückte mich rasch und versuchte eine Wiederbelebung, doch vergebens. Der Mann mochte bereits eine Stunde tot sein. Eine Leichenstarre war noch nicht eingetreten und der Körper fühlte sich noch etwas warm an.
Ich richtete mich auf. Der Tote trug keine zu teure Kleidung, aber von guter Qualität. Auch sein Äußeres stellte sich gepflegt dar. Ich tippte auf einen Geschäftsmann – möglicherweise im Handel.
»Wir müssen Scotland Yard informieren«, erklärte einer der Polizisten. Ich nickte. Während sich einer der beiden auf den Weg machte, blieb sein Kollege als Wache zurück. Ich untersuchte nun den Leichnam etwas genauer. An den Handgelenken entdeckte ich Fesselspuren. Daraus schloss ich, dass der noch Unbekannte hierher geschleppt worden war. Merkwürdig fand ich, dass sich kein Hut fand. Doch der mochte wer weiß wohin geweht sein.
Als ich den Mantel etwas weiter öffnete, entdeckte ich ein weißes Kuvert in der Innentasche. Ich zog es heraus. Der Polizist schaute die Straße entlang, so steckte ich den Umschlag rasch ein. Sherlock Holmes würde sicher etwas damit anfangen können.
Der Wind nahm zu und sowohl der Bobby als auch ich drückten uns in einen Hauseingang. Es dauerte wohl noch eine Stunde, bis Inspektor Lestrade am Ort erschien.
»Dr. Watson…«, murmelte er erstaunt.
So berichtete ich kurz, wie ich den Toten vorgefunden hatte.
»Darf ich fragen, Sir, wo Sie um diese späte Stunde hergekommen sind? Es ist bereits kurz vor Mitternacht.«
»Aber natürlich, Inspektor. Ein Hausbesuch in der Darlington Street. Die Haushälterin eines Stammpatienten holte mich, weil es diesem plötzlich sehr schlecht ging. Sir Norman Wallace.«
Der Inspektor zog die Augenbrauen hoch. »Der Verlagsinhaber der Chelsea Tribune?«
Ich bestätigte das.
Lestrade kratzte sich am Kopf. Dann meinte er: »All right, Doktor – Sie können hier nichts mehr tun. Wenn ich noch Fragen habe, komme ich in die Baker Street.«
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