E-Book Sherlock Holmes 42: Advent - Advent
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Es schüttelte mich. Nicht nur vor Kälte.
Es war der furchtbare Anblick.
Holmes neben mir sog geräuschvoll die Luft ein.
Nur Inspektor Lestrade stand gleichgültig vor der Szene.
Die Erinnerung ist noch bis ins Kleinste da. Es war zwei Tage nach dem ersten Adventsonntag. Wir standen in dem zugigen, von frischem Schnee bedeckten Hof des ROYAL PRISON. Die Glocke schlug die siebte Morgenstunde. Es hallte schaurig zwischen den Backsteinmauern.
Die Verhandlung über Lady Helen McGregor lag acht Wochen zurück. Holmes hatte in Bezug auf die unumstößlichen Indizien als Zeuge aussagen müssen. Ich erinnere mich noch, wie schwer es ihm gefallen war.
»Doktor, da stimmt etwas nicht und doch ist an der Tat nicht zu rütteln.«
Es handelte sich um einen wahrlich grausamen Wutmord auf White Manor unweit von Chelsea.
Lady McGregor hatte ihren Liebhaber mit einem Beil erschlagen. Als die Polizei eintraf, ließ sie sich widerstandslos festnehmen. Sie saß, das hintere Griffende des Mordinstruments umklammert, neben der Leiche in der Waffenhalle.
Es gab nur Spuren der Lady.
Holmes hatte auf Bitten der Schwester der Lady, Lady Gwen McGregor, verheiratete Holderness of Swan House, die Ermittlungen aufgenommen. Doch es gab absolut keinerlei Spur eines anderen Täters. Erschwerend kam hinzu, dass Lady Helen in der Haft und bei der Verhandlung kein Wort sprach.
Am heutigen Tag waren Holmes, Lestrade und ich als Zeugen der Hinrichtung geladen. Eine Verweigerung war nicht möglich.
Die Tür, welche die Zellen mit dem Hof verband, öffnete sich mit einem grässlichen Knarren. Danach vernahm ich das Klirren einer Kette.
Gleichzeitig stieg der Henker im schwarzen Anzug die Stufen zur Galgenplattform hinauf.
Als ich Lady Helen ansichtig wurde, schloss ich erst einmal die Augen. Ich spürte förmlich, wie Holmes sich versteifte. Auch Lestrade stieß leicht pfeifend den Atem aus.
Zwei Wächter führten die Lady langsam auf den Hof. Ihr Antlitz zeigte sich so weiß wie der Schnee. Sie trug das grobwollene Henkerskleid. Die Ketten an den Hand- und Fußgelenken klirrten bei jedem Schritt ihrer nackten Füße.
»Oh Gott«, flüsterte ich.
Lestrade kam etwas näher zu mir und raunte: »Es geht gleich rasch. Zum Glück wird ja niemand mehr auf dem Rad oder mit dem Beil gerichtet.«
Der letzte Teil des Satzes war noch nicht verklungen, als Sherlock Holmes zu dem Inspektor herumschnellte und seine rechte Hand in dessen Schulter grub. Die Augen schienen aus dem Kopf quellen zu wollen. »Was sagten Sie da eben?«
Lestrade schluckte. »Ich sagte …«
Holmes ließ den Mann vom Yard los und schlug sich gegen die Stirn. »Ich Idiot!«
Mit diesem Aufschrei rannte er los. Über die Schulter rief er: »Lestrade! Die Hinrichtung stoppen! Sie kann es nicht gewesen sein!«
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