E-Book Sherlock Holmes 49: Das Spiel des Delinquenten
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Es gab in der langen Laufbahn meines Freundes einige Fälle, die anfänglich wie ein Fehlschlag wirkten, am Ende aber, mit der Zeit sozusagen, doch erfolgreich abgeschlossen werden konnten.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Holmes nicht jeden Fall löste, der ihm anvertraut wurde. Manche waren bereits jenseits aller Lösung, als man an ihn herantrat, andere waren von solch seltsamen Umständen begleitet, dass sie keinen roten Faden und – was noch schlimmer war – keine Spuren boten, die zu einer vernünftigen Ermittlung hätten führen können.
Meist blieben diese Fälle ungelöst und lagern noch heute in den Archiven von New Scotland Yard, nur darauf wartend, dass der Zufall oder eine Entwicklung den wahren Täter doch ans Licht bringt.
In den Jahren nach Marys Tod erlebte unsere kleine Agentur einen regen Aufschwung. Die von Holmes befürchtete Tristesse nach Moriartys Tod blieb aus, auch wenn sich mein Freund gelegentlich über das geistlose Verbrechen in London ärgerte. Diebereien und Einbrüche gab es wirklich, doch verband sie nicht mehr jenes diabolische Genie, mit dem Moriarty sein dunkles Imperium fernab jeder Aufmerksamkeit durch Presse oder Polizei lenkte.
Und natürlich starben auch jetzt Menschen durch die Hand eines anderen. Die Motive aber waren so offensichtlich, dass sie Holmes nur selten reizten. Wären die Indizien gegen Joseph Brown, von dem ich bereits berichtete, nicht so eindeutig zweifelhaft gewesen, vermutlich hätte sich Holmes nicht eingeschaltet.
Gleichwohl aber, so gab mein Freund später zu, war dies auch ein Lehrstück, selbst das profane nicht einfach abzutun und jederzeit das Offensichtliche zu hinterfragen. Man kann einen unschuldig zur Haft Verurteilten aus dem Gefängnis entlassen und ihn für das erlittene Unrecht entschädigen.
Einen Gehenkten jedoch kann man nicht aus dem Grab auferstehen lassen; umso wichtiger ist es daher, nur zweifelsfrei Schuldige auf das Schafott zu schicken!
Der Fall, von dem ich nun berichten möchte, ereignete sich wenige Tage nach Joseph Browns Entlassung aus dem Gefängnis.
London erlebte ein wechselhaftes, ja fast schon launisches Wetter. Das Osterfest war nicht mehr fern, die Temperaturen schwankten und auf Sonnenschein folgte oft unvermittelt starker Regen. Wer konnte, blieb zu Hause und genoss die Behaglichkeit seiner Räume.
Auch uns wäre es recht gewesen, die Baker Street 221b nicht verlassen zu müssen. Und doch zwangen uns die Umstände dazu, denn ein Telegramm erreichte uns an jenem Morgen vor dem Frühstück.
Es war einer dieser Fälle, in denen ich aus meinem tiefen Schlaf erwachte und zu meiner Verblüffung Holmes neben meinem Bett stehen sah, vollständig bekleidet, mit einem Stück Papier in der Hand.
Zum Glück hatten mich sowohl das Militär als auch meine Praxis darauf vorbereitet, in solchen Momenten sehr rasch zu handeln.
Kaum sah ich Holmes in abwartender Pose vor meinem Bett, als ich auch schon die Decke beiseite warf und mich aufrichtete. »Was ist geschehen? Ein Mord?«
»Ein Mann wird sterben!«, bestätigte mein Freund ernst. »Wir müssen umgehend handeln, ehe es zu spät ist!«
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