E-Book Sherlock Holmes 41: Teufelsnebel

E-Book Sherlock Holmes 41: Teufelsnebel
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Autor: Amanda McGrey
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Artikel-Nr.: SH_Ebook_41

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Produktinformationen

Noch heute bekomme ich eine Gänsehaut.

Es sind vier Jahre seit der Sache vergangen, aber sie hat sich tief in mein Gedächtnis geprägt. Blieben auch einige Fakten ungeklärt – Holmes hatte Fragen diesbezüglich immer abgewehrt –, so schauderte mich doch.

»Es gibt Dinge, Doktor, die lässt man besser ruhen.«

 

Seit zwei Tagen saßen wir in der Baker Street 221 B fest.

Undurchdringlicher Nebel ließ es nicht zu, das Haus zu verlassen. London war wie im Koma erstarrt.

Immer wieder griff Sherlock Holmes zu dem Telegramm, das uns vor drei Tagen zugestellt worden war. Aufgegeben in Essex und mit einem mysteriösen Text.

 

Der schweigende Tod

 

Keinerlei Unterschrift.

»Was bedeuten die merkwürdigen Zeichen zum Schluss der Zeile?«, wollte ich mit Blick auf das Formular wissen.

Mein Freund und Hausgenosse zuckte die Achseln. »Das entzieht sich noch meiner Kenntnis, Doktor.«

Wir saßen am Frühstückstisch und der Nebel vor unseren Fenstern wallte so dicht, dass man den Gehsteig unten nicht erkennen konnte. Mrs Hudson hatte bereits eine dicke Wolldecke vor die Haustürritze gelegt, weil der Dunst bereits hindurchdrang.

Es muss der schlimmste Nebel seit fast fünfzig Jahren gewesen sein, so betitelte es später die Times.

»Gut, dass ich genügend Vorräte im Hause habe«, hatte unsere treu sorgende Mrs Hudson am frühen Morgen gesagt.

Während ich mir die zweite Tasse Kaffee einschenkte, merkte ich an: »Holmes, ich empfinde diese Nachricht sehr beunruhigend. Es liegt nahe, dass Ihnen jemand ans Leder will.«

Mein Freund und Hausgenossene schaute mich durch den Rauchschleier seiner Pfeife an. Dabei ließ er das Formular sinken. »Sie denken wirklich, es sei eine Warnung an mich?« Er schüttelte den Kopf. »Unsinn! Da hätte es jede Menge Gelegenheiten gegeben, mich in der letzten Zeit aus dem Weg zu räumen.« Er deutete zum Fenster. »Außerdem würde ein Meuchelmörder sich selbst der Gefahr aussetzen, sich in dieser Suppe zu verirren.«

»Aber was dann?«, stieß ich mit einem Seufzer aus.

Holmes zuckte die Achseln. »Wir können im Moment absolut nichts tun.«

»Keine Hinweise auf dem Telegramm?«

Mein Freund schüttelte den Kopf. »Ein Formular, der Vermerk, dass es aus Essex vom Postamt drei …« Er verstummte plötzlich.

Ich blickte abwartend.

Holmes erhob sich und griff eines der zahlreichen Nachschlagewerke aus dem rechten Regal neben dem Kamin.

»Essex … Amt drei …«, murmelte er dabei. Dann ließ er sich in seinen Lehnstuhl sinken und blätterte.

Ich stand ebenfalls auf und nahm mir aus dem Kästchen des Rauchtisches eine Zigarre. Unser Kamin verbreitete heimelige Wärme und ich empfand es als angenehm, die Wohnung nicht verlassen zu müssen. Das Abenteuer von Abbey Manor saß mir doch noch etwas in den Knochen. Obwohl bereits sechs Wochen vergangen waren. Innerhalb dieser Zeit hatte sich Holmes mit zwei Fällen befasst, die er aber rasch zum Abschluss bringen konnte.

Diese waren das merkwürdige Verschwinden der Lady Carfax und das Rätsel der Geisterkutsche. Letztere Geschichte werde ich vielleicht auch noch berichten.

Endlich legte meine Freund das Buch zur Seite und kam an den Tisch zurück.

»In der Nähe des Telegrafenamtes drei gibt es ein Kloster. Dort leben Karmelitinnen immer noch nach alter Tradition.«

Ich muss Holmes etwas verständnislos angesehen haben. »Was soll die Existenz eines alten Traditionsordens mit dem Telegramm zu tun haben?«

»Das Kloster liegt am nächsten dran. Sonst gibt es nur noch ein Wirtshaus. Das Ocean Pearl.«

»Dann könnte auch dort der Absender herkommen. Aber …« Ich runzelte die Stirn. »Ein Telegrafenamt in solch einsamer Gegend?«

Holmes lächelte. »Es ist kein öffentliches Amt. Es gehört der Königlichen Bahn. Es wird hauptsächlich für interne Zwecke genutzt.«

»Also kann es ein Bahnbeamter gewesen sein.«

Holmes versank in Schweigen. Da klopfte es energisch unten an die Haustür. Wir sahen uns an. Sollte es tatsächlich jemand gewagt haben, durch den Nebel zu uns zu kommen? Sogleich dachte ich wieder an eine mögliche Gefahr, sprang auf und nahm die Webley aus der Schreibtischschublade. Doch da vernahmen wir schon Schritte auf der Treppe, die wir allzu gut kannten: Inspektor Lestrade.

»Du liebe Güte!«, rief Sherlock Holmes aus. »Wie haben Sie das durch diese Erbsensuppe geschafft?«

Der Mann von Scotland Yard warf den feuchten Hut auf den Garderobenständer. »Mit viel Mühe und viel Zeit. Man verirrt sich in Straßen, die man seit der Geburt kennt.« Erschöpft ließ er sich auf unseren Besucherstuhl fallen.

»Na«, bemerkte ich, »wenn Sie sich in Lebensgefahr begeben, dann hat es wohl einen sehr ernsten Grund.«

Lestrade atmete schwer. Ich brachte ihm eine Tasse Kaffee. »Also – was ist passiert?«

»Eine tote Nonne! Auf den Stufen von St Clement Danes.«

Rasch brachte ich mir in Erinnerung, was ich über diese Kirche nahe Strand wusste.

Eine anglikanische Kirche in der City of Westminster, London. Sie befand sich in der Nähe der Royal Courts of Justice auf der Strand. Die Kirche wurde 1682 von Sir Christopher Wren fertiggestellt.

»Berichten Sie Genaueres, Inspektor«, forderte Holmes und begann sich eine neue Pfeife zu stopfen.

Der Inspektor nahm einen Schluck Kaffee und ich reichte ihm eine Zigarre.

»Danke, Dr. Watson.« Er holte Luft. »Also … der Küster fand die Tote heute in aller Frühe. Sie lag auf der obersten Stufe der Portaltreppe. Was aber besonders mysteriös ist, beruht auf der Tatsache, dass die Nonne an einem Pfeilschuss gestorben ist.«

Holmes Augenbrauen schnellten nach oben. »Ein Pfeil?!«

»Ja!«

Holmes fixierte den Scotland-Yard-Mann. »Da nagt aber noch etwas an Ihnen.«

Lestrade zündete die Zigarre an und nahm wohlig einen Zug. »In der linken Hand hielt sie einen Zettel umkrampft. Darauf stand mit Bleistift: Agnes ist …«

»Agnes ist …«, wiederholte ich.

Lestrade nickte. »Der Zettel war im Satz abgerissen.«

Holmes beugte sich vor. »Beschreiben Sie das Ornat der Toten.«

Lestrade tat es. Sehr genau.

Holmes lehnte sich zurück. »Eine Karmelitin.«

...

 

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